Hogrefe, Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 1(65), p. 45-54, 2017
DOI: 10.1024/1661-4747/a000300
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Zusammenfassung. Ein zentraler Aspekt vieler psychischer Erkrankungen ist die Störung eines oder mehrerer Entscheidungsfindungsprozesse in sozialen Interaktionen. Die neuartige Kombination aus ökonomischer Spieltheorie und Neurowissenschaft ermöglicht es, aufgrund der Spieltheorie Abweichungen im Sozialverhalten psychischer Patienten „komputational“ zu untersuchen. In laufenden Studien untersuchen wir das soziale Entscheidungsverhalten von Patienten mit unipolarer Depression, Borderline Persönlichkeitsstörung und Autismus-Spektrum Störung mittels einfacher sozialer Experimente. Bei der Borderline Persönlichkeitsstörung hat sich gezeigt, dass das Vertrauensverhalten, Kooperationsverhalten und Bestrafungsverhalten der Betroffenen inkonsistent ist. Patienten mit Autismus-Spektrum Störung unterschieden sich nicht von gesunden Kontrollpersonen in Bezug auf Vertrauen und Kooperation, teilen aber deutlich weniger Belohnung mit anderen, wenn sie nicht dafür bestraft werden konnten. Die Verwendung des Wettbewerbsparadigmas hat gezeigt, dass Individuen mit Depression den Wettbewerb mehr scheuen als gesunde Kontrollpersonen. In einer aktuellen fMRI-Studie kombinieren wir das Wettbewerbsparadigma mit funktioneller Kernspintomographie, um Veränderungen der Hirnaktivität zu untersuchen, die den veränderten Wettbewerbspräferenzen bei Depression zugrunde liegen.