Hogrefe, Therapeutische Umschau, 9(79), p. 482-492, 2022
DOI: 10.1024/0040-5930/a001391
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Zusammenfassung. Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine akute entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die durch Zecken übertragen und durch das FSME-Virus verursacht wird, das in immer mehr Teilen Europas und Asiens vorkommt. Nur 2–30% der Infektionen verlaufen symptomatisch, dabei ist im Prodromalstadium ein zweigipfliger Fieberverlauf typisch. Klinisch-neurologisch entwickeln 50% der Fälle eine Meningitis, 40% eine Meningoenzephalitis und 10% eine Meningoenzephalomyelitis. Letztere ist häufig mit einer gefürchteten Beteiligung des Hirnstamms vergesellschaftet. Bei der Enzephalitis stehen Bewusstseinsstörungen, Fatigue, emotionale Labilität und neurokognitive Defizite im Vordergrund, bei der Myelitis schlaffe Paresen an Armen oder Beinen. Zur Diagnosesicherung ist der gleichzeitige Nachweis FSME-spezifischer IgM- und IgG-Antikörper im Serum und eines passenden entzündlichen Liquorsyndroms erforderlich. Die Meningitis heilt ohne Folgen aus, 80% der Fälle von Enzephalitis und nur 20% der Fälle von Myelitis erholen sich vollständig. Die Gesamtletalität liegt bei 1%. Bei immungeschwächten, älteren und myelitischen Patienten besteht ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und eine höhere Sterblichkeit. Da keine spezifische antivirale Therapie zur Verfügung steht, bleibt die aktive FSME-Impfung für alle Menschen ab 6 Jahren mit Aufenthalt in Risikogebieten die wichtigste Präventivmassnahme.