Springer (part of Springer Nature), Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 12(63), p. 1460-1469, 2020
DOI: 10.1007/s00103-020-03243-3
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ZusammenfassungIm Zuge der gestiegenen Zahlen Asylsuchender in den Jahren 2015/2016 haben sich in Deutschland, geprägt durch lokale Akteur*innen, sehr unterschiedliche Konzepte zur medizinischen Versorgung in Aufnahmeeinrichtungen (AE) etabliert. Ziel unserer Studie war es, unterschiedliche Versorgungskonzepte in AE abzubilden und die Herausforderungen der Verstetigung bedarfsgerechter medizinischer Versorgungsstrukturen herauszuarbeiten.Daten wurden aus 13 semistrukturierten Interviews und im Rahmen einer Fachtagung mit Workshops und Gruppendiskussionen erhoben und durch eine qualitative Inhaltsanalyse ausgewertet. Teilnehmer*innen waren Akteur*innen der medizinischen Versorgung in AE, darunter ärztliches und Gesundheitsfachpersonal, Verwaltungsbeauftragte, Vertreter*innen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und Wissenschaftler*innen.Als Antwort auf die gesundheitlichen Bedarfe von Asylsuchenden und die komplexen Rahmenbedingungen der Versorgung haben sich unterschiedliche Ambulanzkonzepte gebildet, deren Zweck, Organisation und Management in vielen Aspekten über das Angebot einer ärztlichen Sprechstunde hinausgehen. Die Ambulanzen unterschieden sich in organisationsbezogenen Aspekten z. B. hinsichtlich des Betreibers, der Personalstruktur und des Umfangs der Versorgung. Gemeinsame Herausforderungen stellen eine adäquate Bedarfsplanung, der Mangel einheitlicher Leitlinien und fehlende Schnittstellen zwischen den in der Ambulanz tätigen Akteur*innen dar. Dringender Handlungsbedarf im Sinne eines strukturierten und kontinuierlichen Erfahrungsaustauschs sowie in der Implementierung bundesweiter Standards ist geboten, um Ad-hoc-Initiativen in resiliente Ambulanzstrukturen zu überführen. Die erarbeiteten Handlungsbedarfe und Lösungsvorschläge können hierfür als Grundlage dienen.